Wie ist es eigentlich mit Kind zu studieren?
Ich hatte die Möglichkeit, mich mit einer Studentin auszutauschen, die aktuell hier an der TU Clausthal studiert. Beim Interview war außerdem Tatjana Methfessel dabei, die im Familienservice unserer Uni arbeitet.
TU Clausthal = familienfreundlich?
„Insgesamt studieren an der TU ca. vier Prozent Studierende mit Kind bzw. Kindern, davon sind zwei Drittel internationale Studierende“, berichtet Tatjana Methfessel. Die Mitarbeitenden des Familienservice versuchen angehörige Eltern an der Uni so gut es geht zu unterstützen. Da die Stadt Clausthal-Zellerfeld aktuell nicht über die benötigte Menge an Ganztagsplätzen für Kinder im Alter von null bis drei Jahren verfügt, gibt es seit einiger Zeit an der TU Clausthal die Großtagespflegen Uni-Luchse und Uni-Mäuse. Diese Angebote bilden so das Ergänzungsangebot zur Stadt. Außerdem betreut die „Uni-Nanny“, die vom Studierendenwerk ist, die Kinder von Studierenden. Die Uni-Nanny fängt in Ausnahmen auch stundenweise Kinder auf, beispielsweise wenn eine Klausur ansteht.
Laut der Studentin sei es an der TU Clausthal einfacher als an großen Universitäten über die eigene Situation zu sprechen und individuelle Lösungen zu finden. Dafür haben viele Hochschulen, natürlich auch die TU Clausthal, einen Paragraphen in der Prüfungsordnung eingefügt, der sogenannte Nachteilsausgleich für u. a. familiäre Aufgaben (Paragraph 22 Abschnitt 5 der Prüfungsordnung an der TU Clausthal). Dies ermöglicht Studierenden gleichwertige Studien- und Prüfungsleistungen in einer anderen Form zu erbringen. Nichts desto trotz unterstützen viele Professor:innen Studierende mit Kind/Kindern und haben Verständnis für die Situation. Sie bieten dem Personenkreis entsprechende Lösungen an und das geht an der TU Clausthal, durch die familiäre Atmosphäre und das sehr gute Betreuungsverhältnis, sehr gut. Was die finanziellen Aspekte betrifft, unterstützt und berät die Sozialberatung des Studentenwerks. „Man muss das Studium wirklich wollen. Halbherzig funktioniert nicht“, sagt die Studentin. Ihr Alltag ist gut durchgeplant. Dennoch kann es vorkommen, dass Termine nicht eingehalten werden können und ein Ersatztermin benötigt wird. Hierbei sollte man nicht davor scheuen in Kontakt zu Lehrenden zu treten, denn in den meisten Fällen lässt sich eine gute Lösung finden. „Man wächst aber auch mit seinen Aufgaben“, erklärt sie lächelnd.
Vor allem die Corona-Pandemie hat sie vor neue Herausforderungen gestellt. Während vor der Pandemie vor allem die Frage nach der Betreuung während einer Veranstaltung Priorität hatte, findet nun das meiste Online statt – zeitweise sowohl Uni als auch die Schule des Kindes. Deshalb waren beispielweise die Online-Prüfungen etwas schwieriger, da das Kind hin und wieder für Ablenkung gesorgt hat. Oft gab es zwei Videokonferenzen gleichzeitig: zum einen die Vorlesung und zum anderen der Unterricht des Kindes.
Wo gibt es Verbesserungspotenzial?
In Vollzeit zu studieren ist nicht leicht. Die Studentin, mit der ich reden konnte, studiert aktuell in diesem Modell. Allerdings wünscht sie sich mehr Teilzeitstudiengänge. „Bisher sind an der TU nur ein paar Studiengänge in Teilzeit studierbar. Das sind leider viel zu Wenige“, befindet sie. „Ich denke es würde mehr Studierende nach Clausthal ziehen, wenn es ein größeres Angebot an Teilzeitstudiengängen gäbe.“ Das beträfe nicht nur Studierende mit Kind, sondern auch Personen, die sich nochmals neben dem Beruf weiterbilden wollen. Selbst wenn man auf alle regulären Betreuungsangebote zurückgreife, sei es nicht möglich ohne weitere Hilfe an allen Veranstaltungen teilnehmen zu können. Insbesondere sind Termine spät abends (Bsp. 19:00-20:30 Uhr) weder abgedeckt noch familienfreundlich.
„Wir wollen gerne flexiblere Betreuungsangebote anbieten“, ergänzt Tatjana Methfessel. So gibt es beispielsweise in Hannover ein Netz aus Privatpersonen, wie zum Beispiel ältere Leute, die für einen Euro die Stunde die Kinder betreuen können. Ein derartiges Modell wäre auch für Clausthal denkbar. Außerdem wolle sie, wie bereits vor der Pandemie, Eltern-Kind-Treffen anbieten, damit sich Eltern miteinander vernetzen und gegenseitig helfen können.
Letztendlich lässt sich nach meinem Interview mit Tatjana Methfessel und der Studentin sagen, dass das Studium mit Kind eine gut durchdachte Entscheidung sein muss, die nicht halbherzig getroffen werden darf. Jedoch ist es, wenn man das Studium wirklich schaffen will, durchaus machbar. Die Uni bietet Unterstützung für alle Eltern, die diese benötigen und passt ihr Angebot an die Bedürfnisse ihrer Angehörigen an. „Sucht euch Unterstützung, z.B. durch andere Eltern in ähnlicher Situation, Freunde oder Familie und unterstützt euch gegenseitig“, rät die junge Mutter am Ende allen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Weiterhin empfiehlt Tatjana Methfessel sich möglichst früh an den Familienservice und/oder die Beratungsstelle des Studentenwerks OstNiedersachsen zu wenden. Ein sehr wichtiger Aspekt ist auch die frühzeitige Bemühung um einen Kinderbetreuungsplatz, wenn es keine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind/die Kinder gibt.