Ein Semester in Litauen
Aktuell ist es zwar schwierig ins Ausland zu gehen, aber wer im nächsten Wintersemester ein Auslandssemester machen möchte, sollte jetzt schon mit der Planung anfangen. Ein eher ungewöhnliches Land hat Pauline Claußen während ihres Auslandssemester besucht: Litauen. Nicht mal drei Millionen Einwohner leben in dem Baltikumsstaat, der zwischen Polen und Lettland liegt. Pauline studiert Wirtschaftsingenieurwesen und hat im Wintersemester 2019/20 die Vilnius Gediminas Technical University besucht.
Wieso hast du dich für Litauen und speziell für diese Universität entschieden?
Für mich war relativ früh klar, dass ich in die baltischen Staaten möchte. Ich musste mich zwischen den verschiedenen Ländern entscheiden. Letztendlich hat mich aber Litauen mehr gereizt, weil ich weniger über das Land wusste. Es gibt nur wenige Menschen, die etwas über Litauen und die Kultur, Sprache und das Essen dort sagen können.
Dann habe ich die Webseiten der unterschiedlichen Universitäten verglichen und die der Vilnius Gedimas Technical University war einfach sehr gut gemacht. Ich konnte schnell die Infos und Fächer finden, die ich gesucht habe und direkt die Beschreibung der Fächer lesen. Ich habe direkt Lust bekommen daran teilzunehmen und so kam es zu der Entscheidung. Bekannte von mir, die dort z.B. Bauingenieurwesen studiert haben, waren sehr zufrieden mit der Fächerauswahl.
Wie bist du nach Litauen gereist?
Meinen allerersten Weg bin ich geflogen, das dauerte gerade mal anderthalb Stunden. Da ich aber wegen der Umwelt nicht so gerne fliege, bin ich dann auf dem Rückweg mit dem Bus gefahren. Das ist aber nicht ganz ohne, da man etwa 24 Stunden unterwegs ist. Trotzdem fand ich die Fahrt gar nicht so stressig. In Osteuropa ist das Fernbussystem so gut ausgebaut, dass ich von Vilnius nach Berlin reisen konnte. Von dort aus bin ich in den Flixbus umgestiegen, der direkt nach Clausthal fährt.
Wie lief deine erste Woche ab?
Der Einstieg wurde uns sehr leicht gemacht, indem wir vorher einer Tutorin oder einem Tutor zugeordnet wurden. In Facebook Gruppen konnten außerdem alle möglichen Fragen gestellt werden. Vor Ort begann die Woche klassisch mit einer Einführungsveranstaltung. Ich konnte mich mit den anderen unterhalten und die ersten Kontakte knüpfen. Es wurde unter anderem eine Schnitzeljagd durch die Stadt veranstaltet und am See gegrillt. Auch als sehr schüchterner Mensch wird man nicht vergessen: man kann verschiedene Termine und Veranstaltungen besuchen.
Allerdings fand ich die Kurswahl etwas stressig: Ich konnte diese zwar vorher wählen und mit den Studienfachberatern besprechen, aber es hat nicht alles so gut funktioniert. Das lag daran, dass einige Kurse unterbesetzt waren. Es wurden aber sehr gute Alternativen geboten.
Während deines Semesters hast du im Wohnheim gelebt. Wie war es dort?
Generell sind die Mietpreise in Litauen sehr gering. Doppelwohnheimzimmer mit eigener Küche und Bad kosten monatlich 150 Euro und eine Wohnung in der Innenstadt kostet um die 300 Euro pro Zimmer in zentraler Lage. Die Entscheidung zwischen Wohnung und Wohnheim fiel mir deshalb auch nicht leicht. Letztendlich habe ich mich aber für das Wohnheim entschieden. Ich hatte mich zusätzlich noch dafür entschieden, nicht mit jemandem aus Deutschland in einem Zimmer zu leben, weil ich neue kulturelle Eindrücken erleben wollte. Und die habe ich auch bekommen: Meine Mitbewohnerin hieß Natalia und war aus Madrid. Da ich kein Spanisch spreche und sie kein Deutsch, haben wir die ganze Zeit Englisch geredet.
Was waren denn deine Lieblingskurse und wie liefen die ab?
Einer meiner Lieblingskurse war Comparative Economics. Ich fand den sehr interessant, weil man verschiedene Länder und deren Entwicklungsprozesse in unterschiedlichen Jahrzehnten ausgewertet, verglichen und an praktischen Beispielen festgemacht hat. Aber generell waren die Kurse sehr praxisorientiert. Vor Ort herrschte ein Klassenraumfeeling: kleinere Räume, an Tischen und Bänken sitzen, und immer etwa 20 Leute pro Kurs. Es gab viele Vorträge und schriftliche Ausarbeitungen und einige Klausuren, die aber weniger gewichtet wurden. Was mir gut gefallen hat, waren die Midterms. Da haben wir zwei Klausuren, also einmal in der Mitte des Semesters und einmal am Ende, geschrieben. Man musste da nicht mehr so viel rekapitulieren und ich hatte das Gefühl, dass es auch entspannter war, nicht alles auf einmal lernen zu müssen.
Insgesamt konnte ich mir 21 Credits, die ich während des Semesters gesammelt habe, anrechnen lassen. Ich habe nicht damit gerechnet so viel während eines Auslandssemester sammeln zu können.
Was hast du in deiner Freizeit gemacht?
Ich habe ganz viel Sport gemacht und bin sehr viel gereist, z.B. nach Finnland. Für sechs Euro bekommt man ein Monatsticket und kann dann das ganze Bussystem der Stadt nutzen. Außerdem ist das Car Sharing System gut ausgebaut. CityBee heißt das dort. Man konnte mit dem Auto von einem Land ins nächste fahren und Nachbarstädte besuchen. Wir waren auch am Hill of Crosses, ein Berg mit ganz vielen Kreuzen. Der ist aber total abseits gelegen und mit dem Bus nicht so gut erreichbar. Da war CityBee echt praktisch.
Über das Erasmusprogramm konnte ich auch unter anderem an einer Busreise nach Finnland teilnehmen. Man fährt etwa anderthalb Tage hin, aber das hat sich auf jeden Fall gelohnt. Die Fahrt ging auch schnell rum, da die Zeit mit meinen Kommilitonen sehr unterhaltsam war. Schließlich sind alle, die an so etwas teilnehmen, offen und für den gleichen Zweck da: Spaß haben und etwas dazulernen.
Was ist dir besonders im Gedächtnis geblieben?
Besonders die neuen Erfahrungen mit ihrer Intensität sind mir im Gedächtnis geblieben. Man fährt irgendwo hin und kennt nichts und doch fühlt man sich schon nach kurzer Zeit heimisch. Diese Erfahrungen, die man in einem völlig fremden Land bekommt sind beeindruckend und irgendwie auch ziemlich überwältigend.
Und zu guter Letzt: Hast du noch Kontakt zu den Leuten aus Litauen?
Ich habe noch Kontakt zu Leuten aus Deutschland, der Kontakt zu den Leuten aus Litauen ist leider sehr schnell abgeebbt. Mit einem Freund habe ich allerdings noch sehr intensiven Kontakt. Er war ein ganzes Jahr dort und hat mir von seinen Erfahrungen in der zweiten Jahreshälfte berichtet: was er anders gemacht hat, was er toll fand. Da nimmt man noch mehr mit, weil man sich vor allem am Anfang noch sehr an die Strukturen hält und organisierte Veranstaltungen und Reisen besucht. Im zweiten Semester ist man schon etwas selbstständiger, kennt sich besser aus und lernt zum Beispiel auch Stadtteile kennen, die nicht so bekannt sind.
Wäre Litauen auch für dich etwas? Dann informiere dich doch hier: www.izc.tu-clausthal.de/wege-ins-ausland/studium/