Interessenvertreter, Problemlöser, Partyplaner

Sie stehen für eure Interessen ein und sind im Unialltag oft die erste Anlaufstelle für Fragen und Probleme: die fünf Fachschaftsräte (FSR) der TU Clausthal. Ihre Mitglieder sind selbst Studierende, werden direkt von euch gewählt und gestalten ehrenamtlich das Leben an der Uni mit. Dabei ist es nicht immer einfach, Freiwillige für die FSR-Arbeit zu finden.

Ich habe mich mit den Fachschaftsräten getroffen und wollte von ihnen wissen, welche Aufgaben sie wahrnehmen und warum sie sich für euch engagieren. Meine Interviewpartner waren Paul Steingröver (Fachschaft Geo-, Energie-, Rohstoffwissenschaften – GER), Timon Herzel (Fachschaft Maschinenbau, Verfahrenstechnik, Chemieingenieurwesen – MVC), Julius Röhr (Fachschaft Physik, Materialwissenschaften, Chemie – PMC) und René Rückbeil (Fachschaft Wirtschaftswissenschaften – WiWi). Aus dem Fachschaftsrat Mathematik und Informatik konnte aus terminlichen Gründen leider niemand am Interview teilnehmen.

Zum Einstieg einige grundsätzliche Fragen: Was ist ein Fachschaftsrat?

Paul: Ein Fachschaftsrat besteht aus sieben gewählten Studierenden einer Fachschaft. Die Fachschaft selber besteht aus Studiengängen, die thematisch geordnet sind. Einmal im Hochschuljahr wählen die Studierenden den Fachschaftsrat und dieser steht der Fachschaft dann vor.

Wann finden die Wahlen statt?

Timon: Zeitgleich mit den Hochschulwahlen im Januar, die Wahlen werden von den Studenten organisiert.

Wie lange dauert eine Amtszeit?

René: Die geht immer genau ein Haushaltsjahr, das heißt man wird im Januar gewählt, erfährt im Februar das Ergebnis und wird normalerweise im April konstituiert in der ersten oder zweiten Vorlesungswoche. Bis zum nächsten April und zur Übergabe an den nächsten Amtsvertreter ist man dann zuständig.

Timon: Offiziell geht das Haushaltsjahr vom 1. April bis 31. März.

Gibt es feste Ämter im FSR?

Paul: Es gibt drei feste Ämter im Vorstand, die beiden Vorsitzenden und den Finanzer.

Timon: Dann gibt es noch den FZR-Connector. Der FZR ist der Fachschaftszentralrat. Jede Fachschaft schickt eine Person in den FZR, in dem man sich dann unter den Fachschaften abstimmt.

René: Auch dafür gibt es einen Vertreter. Wenn der FZR-Abgeordnete nicht teilnehmen kann, springt die Person ein, damit die Informationen aus dem FZR trotzdem in den FSR getragen werden.

Ein paar Räte haben Probleme, genügend Leute zur Wahl aufzustellen. Was passiert, wenn ein FSR nicht voll besetzt werden kann?

René: Solange wir zu viert sind, gibt es einen FSR. Werden es weniger, dann gibt es keine Gelder von der studentischen Selbstverwaltung für die Fachschaft und dann haben wir auch kein Angebot.

Timon: Bei weniger als sieben Leuten ist es natürlich mehr Arbeit für alle. Eigentlich wäre es gut, wenn wir noch mehr als sieben wären. Theoretisch kann man sich übrigens immer so dazu setzen, man hat dann halt nur kein Stimmrecht.

 

Was gehört alles zu euren Aufgaben?

Timon: Das hängt davon ab, welchen Posten man übernimmt. Paul ist Finanzer, wir beide (Anm. d. Red.: verweist auf René) sind erster oder zweiter Vorsitzender. Andere Mitglieder sind nicht im Vorstand, aber nehmen zusätzliche Aufgaben wahr, denn manche Fachschaften bieten extra Services an. Was wir alle machen, ist, dass wir uns in der Vorlesungszeit mindestens einmal im Monat zur Sitzung treffen.

Welche Services bietet ihr denn an?

Julius: Die PMC bietet Sehschlangen (Anm. d. Red.: Gedächtnisprotokolle von Prüfungen) an. Daneben organisieren wir einmal im Jahr eine große Chemikerfete. Wie bieten auch individuelle Hilfe, wenn es Unstimmigkeiten mit Studienverlaufsplänen gibt zum Beispiel. Da beraten wir und geben es entsprechend weiter.

René: Die Fachschaft WiWi kann leider gerade keinen Service anbieten. Bei uns ist das Problem, dass wir mehr Leute bräuchten, die sich engagieren. Wir versuchen viele dazu zu bewegen, zum Beispiel auf unseren Vollversammlungen, die wir jedes Semester einmal machen.

Timon: Bei der MVC können die Studierenden zu den hochschulöffentlichen Sitzungen kommen und Anmerkungen machen, Fragen stellen oder Kritik äußern. Unser Alleinstellungsmerkmal ist der Zeichenbrettverleih für Technisches Zeichnen.
Darüber hinaus macht jede Fachschaft eine Vollversammlung. Wir versuchen dabei etwas zu bieten, einen Industrievortrag zum Beispiel. Manchmal gibt es eine Weihnachtsfeier oder auch Erstibegrüßungen. Feiern organisiert man immer als Fachschaft und wir machen jedes Jahr eine Exkursion zur Hannover Messe, die ist allerdings nicht mehr so gut besucht.

Paul: Die MVC und die GER bieten auch gemeinsame Exkursionen an. Da versuchen wir immer Firmen mit „Gewicht“ und hier aus der Umgebung zu finden, die so eine Tagesexkursion voll unterstützen, damit man auch einfach mal aus dem Hörsaal rauskommt.

Ihr macht das alles ehrenamtlich. Warum lohnt sich die FSR-Arbeit für euch persönlich?

Paul: Ich habe sehr coole Leute kennengelernt. Weil ich während Corona gestartet bin, hat das echt was gebracht. Wenn man in die Fachschaft kommt, ist man erstmal der Neue, aber mittlerweile sind wir echt gut befreundet. Das ist so ein persönlicher Benefit.

Julius: Es sind auch Erfahrungen, die man sammelt und Fähigkeiten, die man nebenbei lernt. Wie kommuniziere ich richtig, wie löse ich das diplomatisch, wie strukturiere ich mich, wie organisiere ich eine Sitzung, wie rede ich vor Menschen? Das sind auch persönliche Mehrwerte. Darüber hinaus denke ich, dass soziales Engagement wichtig ist und für mich etwas ist, das mich ausgleicht und glücklich macht.

Trotz dieser Vorteile finden sich nicht immer Freiwillige. Woran könnte das liegen?

René: Also für uns ist eine Problematik, dass wir viele ausländische Studierende nicht abholen können, die aus Ländern kommen, in denen nicht unbedingt eine Demokratie vorherrscht. Sie wissen gar nicht, was kann ich mit meiner Stimme ausdrücken, welche Macht habe ich überhaupt als Studierender, um die Universität mitzugestalten. Das Engagement der Deutschen ist so, wie man das auch im Umfeld sieht. Alle Vereine haben Probleme, die Menschheit wird ein bisschen egoistischer vielleicht. Ich denke das Hauptproblem ist, dass die Studierenden nicht merken, was sie bewirken können, wenn sie zu uns kommen. Und weil sie es nicht tun, sehen sie halt auch keinen Benefit.

Julius: Fachschaftsarbeit ist natürlich irgendwo auch ein Commitment und Zeitaufwand. Es sind zusätzliche Termine und jetzt ist unsere Uni nicht dafür bekannt, dass wir sonderlich viel Freizeit haben. Gerade wenn die Leute ambitioniert sind, das in Regelstudienzeit zu machen. In den ersten Semestern hat man ja erst einmal andere Probleme und es dauert bis man in einer Position ist, in der man den Mehrwert sieht. Den könnten wir vielleicht auch besser kommunizieren. Im Studium ist die Fluktuation auch hoch und man hat eine relativ kurze Zeit, um Interesse zu entwickeln und sich zu engagieren, bevor die Zeit an der Hochschule wieder vorbei ist.

Paul: Es kommt vielleicht auch darauf an, wie man in der Schulzeit sozialisiert war. Wenn man da schon Gremienarbeit gemacht hat oder in irgendwelchen Vereinen war, dann weiß man, was Engagement bedeutet. Und es könnte sein, dass das vielleicht in der Coronazeit einfach gefehlt hat. Das ist aber nur eine Vermutung.

Warum habt ihr euch denn dafür entschieden, in eure Fachschaftsräte zu gehen?

Julius: Es kristallisierte sich heraus, dass da einige Leute gehen und dann habe ich mir überlegt, ob ich die Zeit habe. Wie gesagt, ich engagiere mich gern, das ist natürlich auch in der Gemeinschaft immer schön und an sich finde ich studentische Selbstverwaltung und Engagement wichtig. Man kann sich nicht immer nur aufregen darüber, was alles nicht läuft, wenn man sich nicht hinstellt und zumindest versucht, was zu ändern. Das ist man sich irgendwo selbst schuldig.

Timon: Ein Kumpel, der in der Fachschaft war, hat gefragt, ob ich Bock habe mitzumachen. Dann fand ich das ganz cool und bin noch ein paar Jahre geblieben.

Paul: Ich habe mich über das Konzept einer Blockveranstaltung aufgeregt. Dazu hatte ich eine E-Mail geschrieben, die dann auch noch einmal persönlich im Fachschaftsrat vorgestellt und bin dann da einfach geblieben, weil ich die Leute cool fand. Bei der nächsten Wahl stand ich auch mit auf der Liste drauf.

René: Ich habe mich hier an der Uni schon mit ziemlich vielen Sachen auseinandergesetzt. Ich war zum Beispiel im Green Voltage Racing Team (Anm. d. Red.: das studentische Team entwickelte einen E-Rennwagen). Wir mussten den Verein auflösen, weil wir keine Credit Points bekommen haben und es nebenbei viel Aufwand war. Dementsprechend hatte ich eine kleine Halskrause gegen die Uni und die Verwaltung. Irgendwann habe ich gehört, dass wir gar keinen Fachschaftsrat haben und habe mich auf die Wahlliste geschrieben. Das war auch aus der Prämisse heraus, wenn ich das jetzt nicht tue, dann gibt es das zweite Jahr in Folge unseren Fachschaftsrat nicht.
Jetzt ist es wichtig, dass diese Fachschaft wieder stabil wird und dass wir Leute haben, die sich engagieren. Dann können wir so langsam wieder ein Angebot aufbauen.

Wie hoch schätzt ihr den Zeitaufwand für die FSR-Arbeit ein?

Timon: Um ehrlich zu sein, ist Fachschaft nicht so viel Arbeit. Wenn wir das jetzt mal runterbrechen: Wir müssen in der Vorlesungszeit jeden Monat eine Sitzung halten. Für den Vorsitzenden ist natürlich das Vorbereiten der Sitzung ein bisschen Arbeit, maximal eine Stunde und die Sitzung dauert eine bis drei Stunden. Aber man sitzt natürlich auch nett zusammen und trinkt ein paar Getränke dabei. Weiß ich jetzt nicht, ob ich das als Arbeit ansetzen würde, dann würde ich nicht unbedingt Fachschaftsrat machen. Sagen wir mal im Schnitt im Semester ist es eine Stunde die Woche, vielleicht mal ein bisschen mehr. Und das kriegt man wirklich gut unter.

Julius: Das ist der Vorteil, wenn es viele Leute sind. Wenn im Regelbetrieb jemand sagt, ich habe keine Zeit, dann kann jemand einspringen. Und auch im Vergleich zu anderen Ehrenämtern, die ich nebenbei mache, ist das etwas, was vom Aufwand her durchaus überschaubar ist.

Wenn Studierende bei euch mitmachen möchten: Wie können Sie euch am besten erreichen?

Paul: Immer gerne zur Sitzung kommen!

Timon: Dazu werden auch alle Studiengänge von der jeweiligen Fachschaft per E-Mail eingeladen. Und sonst Kontaktaufnahme auch immer per E-Mail, es gibt für jede Fachschaft einen Verteiler.

Euer Appell zum Abschluss: Warum sollten sich Studierende in der Fachschaft engagieren?

Timon: Es wurde schon gut zusammengefasst: Wenn man Lust auf soziales Engagement hat und um neue Leute kennenzulernen.

René: Wenn man die Studienbedingungen, soweit es von Studentenseite aus geht, verbessern möchte. Wir können unseren Studierenden das Leben leichter machen, wenn sie auf uns zukommen.

Paul: Wenn man Bock hat, herauszufinden, was Uni noch bedeutet. Uni heißt nicht nur lernen, sondern hat viel größere Dimensionen und das ist vielleicht der erste Schritt, das ganze System zu begreifen.

Kontakt zu euren Fachschaften:

Fachschaft für Geo-, Energie- und Rohstoffwissenschaften
fs-ger@tu-clausthal.de

Fachschaft für Maschinenbau, Verfahrenstechnik, Chemieingenieurwesen
fsmvc@tu-clausthal.de

Fachschaft Mathematik und Informatik
fs-mi@tu-clausthal.de

Fachschaft Physik, Materialwissenschaft und Chemie
fspmc@tu-clausthal.de

Fachschaft Wirtschaftswissenschaften
fs-wiwi@tu-clausthal.de

Die Fachschaftsräte freuen sich immer über neue Gesichter! Um mitzumachen müsst ihr nicht gewählt worden sein – ihr könnt jederzeit einsteigen.

Für Infos zu euren Fachschaften solltet ihr eure Postfächer und Social Media im Auge behalten: Sitzungseinladungen und News kommen per Mail, über Stud.IP oder über Instagram.

Ihr habt Fragen, Anregungen oder einen Themenvorschlag für einen Blogbeitrag? Dann schreibt mir eine E-Mail: blog@tu-clausthal.de